Indirektes Licht beleuchtete die Gestalt, die neben ihr auf der Matratze lag. Sie war schon seit einigen Stunden wach, beobachtete ihn, brannte sich seine schlafenden Gesichtszüge ein, obwohl sie diese doch beinahe besser kannte, als ihre eigenen.
Mit Schrecken erkannte sie, dass der Morgen immer näher kam und mit ihm der Zeitpunkt, an dem sie sich voneinander verabschieden mussten.
Zögernd hob sie eine Hand, strich ihm damit eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich in seiner Augenbraue verfangen hatte. Die leichte Berührung weckte ihn offensichtlich, denn er atmete mit einem leisen Seufzen tief aus und schlug nur einen Moment später die Augen auf.
Obwohl ihr Schlafzimmer von einer Lampe im begehbaren Kleiderschrank hinter der Rückseite des Bettes nur indirekt und spärlich beleuchtet wurde, bestürzte sie das stählerne Blau seiner Augen ein wenig.
Er blinzelte einmal, vielleicht ein wenig verwirrt, weil sie bereits wach war. Verschlafen warf er einen Blick auf den Wecker, der auf dem Nachtschrank hinter ihr stand, und unterdrückte ein Gähnen.
Es war 4:13 Uhr.
Eine Uhrzeit, zu der sogar er normalerweise noch tief und fest schlief ebenso wie sie. Das grüne Glimmen der Ziffern blendete ihn ein wenig und er wandte den Blick wieder seiner Frau zu.
Er atmete tief ein, fuhr sich mit der Hand einmal über Gesicht und Haar, bevor er sie Yuriko in den Nacken legte und diesen sacht zu kraulen begann.
Ihr Haar floss seidig zwischen seinen langen Fingern hindurch, der helle Ton seiner Haut bildete einen starken Kontrast zur Farbe ihrer dunklen Strähnen, selbst in diesem dämmrigen Licht.
„Wie lange bist du schon wach?“
Seine tiefe Stimme war nicht mehr als ein Wispern.
Sie zuckte nur mit den Schultern, sah ihn weiter an. Sein Seufzen verursachte ihr eine leichte Gänsehaut als sein warmer Atem über die kühle Haut ihres Oberarmes strich.
„Yuriko...“
Der besorgte Blick seiner Frau traf Vian wie ein Stich ins Herz.
Er wusste, sie machte sich immer dann Sorgen um ihn, wenn er zu einem Einsatz aufbrechen musste. Ihre Sorge war häufig nicht unbegründet, denn sein Job war nicht unbedingt das, was man ungefährlich nennen konnte.
Jetzt zog er sie noch ein wenig mehr in seine Arme, spürte, wie sich ihre Finger in sein Shirt krallten und wie der Rest ihres Körpers leicht zitterte.
„Yuriko, beruhige dich. Es wird alles gut gehen, das ist es doch bisher immer.“
Vian war es zuwider, ihr etwas zu versprechen, was er nicht sicher halten konnte. Doch er wollte sie trotzdem beruhigen. Er wollte nicht, dass sie weinte, dass sie unglücklich war, hatte es nie gewollt und würde gewiss nicht jetzt damit anfangen.
Ihr leises Schluchzen zerriss ihm beinahe das Herz und er drückte sie sacht ein wenig mehr an sich.
„Es tut mir so leid, Vian. Ich wollte nicht mit dir streiten, wirklich nicht.“
Immer wieder musste sie sich unterbrechen, rang nach Luft und Haltung.
„Und ich wollte auch nicht so dumme Sachen sagen, ich weiß doch, dass wir dir nicht egal sind, aber... Bitte verzeih‘ mir.“
Er spürte, wie sehr ihr Körper in seinen Armen bebte.
„Ich will nicht, dass du gehst, ohne dass wir uns vertragen haben. Das würde ich mir nie verzeihen, wenn-“
Sie verstummte schluchzend.
Er verzog betroffen das Gesicht und strich ihr sacht mit der Hand über den Rücken.
Mit der anderen Hand fuhr er seiner Frau weiter durchs Haar und zog sie noch näher an sich, bis ihr Gesicht in der Grube zwischen seinem Hals und seiner Schulter geborgen lag. Beruhigend strich er ihr mit den Fingern durch die Flut brauner Wellen, mit der anderen Hand über den Rücken. Während er redete, strich er mit seinen Lippen über ihre Schläfen.
„Ich weiß doch, Yuriko. Mach dir keine Sorgen, ich bin dir deswegen nicht böse. Wäre es anders herum, hätte ich an deiner Stelle wahrscheinlich viel heftiger reagiert, das weißt du doch.“
Die kleine Anspielung darauf, wie sehr Vian sie schon immer vor allen Gefahren dieser Welt hatte beschützen wollen, entlockte ihr ein leises, zittriges Lachen.
Er spürte, wie sie sich an ihn schmiegte und genoss die Wärme ihres Körpers sehr, wohl wissend, dass er während der kommenden Wochen nicht nur ihre Gegenwart, sondern auch ihren Geruch, ihre Stimme, den Klang ihres Lachens und alles andere, was sie ausmachte, vermissen würde.
Langsam beruhigte Yuriko sich wieder, strich sich mit dem Handrücken einer Hand die Tränen aus dem Gesicht und schmiegte ihre Wange an Vians Brust.
Das Gefühl ihm nahe zu sein hatte sie schon immer beruhigen können und jetzt, als sie sein Herz unter ihrer Hand schlagen spürte und auch seinen Atem auf ihrer Kopfhaut, wusste sie, dass das hier alles war, was sie zum Leben brauchte. Hauchzart strich sie mit dem Zeigefinger der rechten Hand über das verschlungene Muster auf seinem Shirt, stellte sich vor, sie würde mit der Fingerspitze Vians Haut berühren.
„Ich habe solche Angst um dich... Was sage ich denn den Kindern, wenn dir etwas... etwas passiert?“
Ihre Stimme brach und sie hörte selbst, wie verletzt sie klang und wie sich ein leiser Vorwurf in ihre Stimme schlich, obwohl sie das gar nicht wollte.
Seine Arbeit war wichtig, das wusste sie genauso gut wie er. Und wären ihre Kinder nicht gewesen, hätte sie dabei wahrscheinlich sogar an seiner Seite an vorderster Front gestanden.
Trotzdem wusste sie auch, wie schnell diese Situationen gefährlich werden konnte und war gar nicht in der Lage, zu verhindern, sich die Dinge, die ihm passieren konnten, auszumalen.
Überdeutlich spürte sie seine Hände auf ihrem Rücken und in ihrem Nacken, seine Lippen an ihrem Ohr und wünschte sich, sie würden für immer dort bleiben. Sie schmiegte ihre Stirn an seinen Hals, wollte so viel von ihm spüren, wie nur irgendwie möglich, sich so viele Details seines Seins einprägen, wie sie konnte.
„Yuriko, tu dir selbst einen Gefallen und hör auf damit, dir solche Dinge auszumalen. Lenk' dich und die Kinder ab. Ich bin mir sicher, Raik, Evie und Zachery würden sich freuen, wenn ihr sie besucht. Oder du lädst Noah ein, der wird mit Sicherheit in der Lage sein, die Kinder mit irgendeinem Quatsch abzulenken. Ich verspreche dir, ich versuche, mich so oft wie möglich bei euch zu melden aber bitte, mach dir nicht jetzt schon Sorgen. Das zerreißt mir das Herz.“
Sacht spürte sie jetzt, wie er ihr Gesicht mit seiner Hand anhob, sodass sie ihn ansehen musste. Sein Blick war weich und ehrlich, seine Stirn unwillig gerunzelt und seine Lippen umspielte ein trauriges Lächeln.
„Lass uns die letzten Stunden bevor ich gehen muss, nicht damit verbringen, einander traurig anzusehen, hm?“
Nun schlich sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen und sie schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, lass uns das nicht tun.“
Vorsichtig richtete sie sich ein wenig auf, veränderte ihre Position auf dem Bett ein wenig, sodass sie mit ihren Lippen seine erreichen konnte.
Während sie sich zärtlich küssten, ließ sie eine ihrer kleinen Hände hinab zum Saum seines Shirts wandern und darunter schlüpfen.
Mit den Fingerspitzen berührte sie zärtlich die helle, warme Haut, die sich über feste Muskeln zog, spürte gleichzeitig, wie Vian seine Hände auf ihre Hüften legte und langsam ihren Oberkörper hinauf strich. Erst als seine Berührungen ihr ein leises Seufzen entlockten, fiel ihr auf, dass er dabei ihr Nachthemd nach oben geschoben hatte.
Ihre Küsse wurden tiefer, leidenschaftlicher, während jeder die Haut des anderen mit den Fingern liebkoste. Jedes freigelegte Stückchen Haut bekam das gleiche Maß Aufmerksamkeit wie das Stückchen zuvor und nicht ein einziges Mal lösten sich ihre Lippen auch nur einen Moment zu lang voneinander. Die störende Bettdecke war zurückgeschlagen, bedeckte zunächst noch ihre Unterleiber.
Als Vians Hände an den festen kleinen Rundungen von Yurikos Brüsten ankamen, waren sie beide außer Atem, lösten ihre Lippen aber dennoch nur unwillig voneinander.
Mit seinen starken Armen zog Vian seine Frau rittlings auf sich, hob nur einen Moment später die Hände ein wenig mehr an, um ihr das dunkelgrüne Nachthemd aus kühler Seide endgültig über den Kopf zu ziehen.
Jetzt trug sie nur noch ein Höschen aus dem gleichen Stoff und Vian ließ den Blick über den Körper seiner Frau gleiten, den auch ihre Schwangerschaften nur geringfügig verändert hatten. Yuriko war noch immer schlank, klein und beinahe zierlich in jeder Hinsicht, dennoch konnte er die definierten Muskeln ihrer Beine an seinen Seiten spüren und die ihrer Arme bei jeder Bewegung sehen.
„Unfair...“
Ihre atemlose Stimme zauberte ihm ein Lächeln auf die Lippen und im nächsten Moment spürte er, wie sie ihn an den Armen empor in eine halb sitzende Position zog, um ihm ebenfalls das Shirt abzustreifen.
„Da musst du das nächste Mal eben einfach schneller sein, Riko.“
Achtlos ließ Vian das Shirt zu Boden fallen, zog sie an den Hüften ein wenig näher zu sich und grinste sie an. Im spärlichen Licht sah er ihre Augen funkeln, dieses Mal jedoch vor Lust und nicht vor Tränen
„Du solltest nicht so einen großen Mund haben, wenn du mit mir im Bett bist, Vian Alexander Tate, das weißt du doch. Immerhin sitze ich hier am längeren Hebel...“
Sie beide hörten die Anspielung in ihren Worten und lächelten. Yuriko nahm seine Lippen wieder mit ihrem Kuss gefangen und rieb ihren Körper an seinem, womit sie ihm ein leises Stöhnen entlockte. Ihre Worte und ihr verheißungsvolles Lachen waren Vorboten dessen, was noch passieren sollte, bevor sie zulassen würde, dass sie sich miteinander vereinten. Vorboten für die wunderbaren Qualen, denen er in der Zwischenzeit ausgesetzt sein würde.
Und in diesem Moment musste Vian zugeben, dass er verdammt nochmal der glücklichste Mann auf diesem Planeten war, wann immer er sich in den Fängen seiner Frau befand.
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